Teil 1 unseres Interview-Specials mit den Managing Partnern des DO TANKS becomehuman, die als Strategen konzeptionell Kollaborationen zwischen Projektteilnehmern und Unternehmen moderieren und im Anschluss die erarbeiteten Lösungen strukturell in die Tat umsetzen.
Wir haben Kristina Kalisch, Executive Director und Creative Consultant mit dem Schwerpunkt »Transformation« sowie Gründerin des DO TANKS becomehuman, und Davit Mulugeta, Creative Director mit dem Schwerpunkt »Marke im Raum« und Partner bei becomehuman, zum Gespräch getroffen.
Wie unterscheidet sich ihr Arbeitsansatz von klassischen Beratungsagenturen und welche Techniken werden angewandt? Was können wir tun, um wieder menschlicher zu werden in einer High-Speed-Welt, die durchdesigned, digital vernetzt und auf Wachstum ausgelegt ist?
Los geht es mit Kristina Kalisch!
Kristina, ihr kommt beide eigentlich aus dem Corporate Design-, bzw. Brand Design-Bereich und habt in unterschiedlichen Funktionen große Brands, wie Marc O´ Polo oder VITALIA, strategisch beraten, bzw. in ihrer Markenarchitektur mit weiterentwickelt.
Bitte erzähl‘ uns kurz, was Du im Rückblick am meisten wertschätzt aus dieser Zeit.
Das Wertvollste aus dieser Zeit sind die vielschichtigen Einblicke. Der Standpunkt, von dem aus wir eine Organisation in eine »Marken-Persona« transformieren – sei es räumlich, rituell oder visuell –, ist ein neuralgischer Punkt. Alles, was wir hier tun oder unterlassen, generiert augenblicklich Wechselwirkungen und kausale Beziehungen auf unterschiedlichsten Ebenen.
In unseren Branding-Projekten beschäftigten wir uns sowohl mit den Bedürfnissen der Kunden (Zielgruppe/Nutzer) als auch mit jenen der Mitarbeiter sowie jenen der Stakeholder beziehungsweise deren Interessensgruppen. An dieser »Kreuzung« war es uns möglich, die Auswirkungen einer Maßnahme oder Entscheidung genau zu beobachten und ihre Ergebnisse auf diversen Ebenen nachzuvollziehen.
Unabhängig davon, ob es sich um eine betriebswirtschaftliche, designbasierte oder eine strategische Entscheidung handelte.
Wenn du diesen Arbeits- und Lebensabschnitt mit drei Wörtern beschreiben müsstet, welche wären das?
Dynamisch, global, immer wieder neu.
Wer eure Seite besucht, liest als Erstes gleich die Fragestellung: Wie kann man die Welt besser machen?
Wir gehen mal davon aus, dass der Besucher hier auch sofort eure Grundmotivation liest: Ist das der Motor, der Antrieb, euch beruflich zu verändern, und inwieweit spielt dieses Mindset in euren Alltag hinein?
Dieses Mindset wurde zur Markenessenz von becomehuman: »create mutual solidarity instead of mutual dependence«. Es ist der Nährboden, auf dem wir all unsere Entscheidungen gründen. Innerhalb unserer Projektarbeit in verschiedensten Ebenen und Positionen erkannten wir, wie unmittelbar die Dinge miteinander verknüpft sind.
Digitalisierung, Globalisierung sowie gesellschaftlicher Wandel stellen insbesondere mittelständische bis große Unternehmen vor enorme Herausforderungen.
Wir sind davon überzeugt, dass wir die traditionellen Lösungsverfahren hinter uns lassen müssen und neue Formen der Zusammenarbeit erforderlich sind, um wirklich situativ passende Lösungen zu generieren. Dies schließt ebenfalls die »traditionellen Arbeitsweisen« von Kreativ- und Beratungsagenturen ein. Sie entwickelten sich in den letzten Jahrzehnten strukturell oft zu einem Spiegelbild ihrer Kunden, auch wenn es von außen betrachtet nicht sofort augenscheinlich ist.
Diese neuen Formen der Zusammenarbeit beginnen für uns nicht nur mit neuen Herangehensweisen in der Projektarbeit, sondern mit einer veränderten Einstellung zur »Auftragsgewinnung«. Wir möchten unseren Partnern auf Augenhöhe begegnen, sie und ihre individuellen Bedürfnisse bestmöglich verstehen. Innovation oder Agilität lassen sich nicht über ein kostengetriebenes Pitch-Verfahren »beauftragen«. Sie entstehen durch Kollaborationen, in denen neue Methoden in Kombination mit neuen Sichtweisen alte Muster nach und nach auflösen. In Kollaborationen mit Partnern, die wirklich zueinander passen. Dieses Mindset pflegen wir auch unseren Mitbewerbern gegenüber. Wir haben keine Konkurrenten, sondern gleichgesinnte Partner. Wenn ein anderes Unternehmen für die Aufgabe besser geeignet ist als wir, geben wir diese oder Teile davon ab. Ganz einfach.
Kannst du eine konkrete Situation, einen Moment benennen, die bzw. der diesen Wunsch ausgelöst hat, oder war das eher ein Prozess?
Es war ein Prozess, der sich mit immer gleichen, wiederkehrenden Fragen über einen längeren Zeitraum selbst weiter befeuerte.
Wir waren beide im Designumfeld unterwegs und nach jedem Projekt mit der Erkenntnis konfrontiert, dass sich die tatsächlichen Ergebnisse immer von jenen Visionen und Bildern aus dem Planungs- oder Beratungsprozess unterschieden.
Diese Differenzen konnten manchmal erstaunliche Ausmaße annehmen. Aber selbst wenn das Ergebnis zu 100 % den Planungen entsprach, konnte ein ungeschickt gemanagter Prozess zu großer Frustration führen, die letztlich eine innovative Lösung relativierte. Wir wollten uns mit diesem Umstand nicht zufriedengeben, denn nur Prozesse bzw. Ergebnisse, die Freude genieren, haben die Kraft, Organisationen wirklich zu transformieren.
Beschreibe bitte in eigenen Worten, was für dich die Besonderheiten eines Think bzw. Do Tanks ausmachen im Vergleich zu herkömmlichen Beratungsagenturen.
Hier scheint es zunächst einmal wichtig darauf hinzuweisen, dass die Begriffe gerade stark in Mode gekommen sind. Fast jede Agentur würde sich selbst als »Think Tank« bezeichnen. Mit »Do Tank« gehen wir noch einen Schritt weiter: ins konkrete, aktive und gemeinsame HANDELN. Einer der Hauptunterschiede unseres Ansatzes zu traditionellen, eher spezialisierten Agenturen ist die ganzheitliche Betrachtung der Aufgabenstellungen. Auch diese Aussage wird man von vielen Agenturen bekommen, deshalb versuchen wir im Folgenden, mit einem Methodenüberblick eine Definition zu skizzieren, die zu einem besseres Verständnis bezüglich unserer Arbeitsweise und ihrer Ziele führt.
Wir nutzen einen kollaborativen Gestaltungsprozess als wirkungsvolles Vehikel, um Systeme, Organisationen und Menschen zu transformieren.
Wird Transformation bewusst gestaltet – für uns »transformation design« –, benötigt dieser Vorgang keine zusätzliche Begleitung durch Change Management Consulting.
Veränderung ist ein integraler Prozess, zwischen der Definition der Ziele (was wir erreichen möchten) und des Weges, den wir gemeinsam beschreiten (wie wir dort hingelangen). Auf diesem Weg entsteht im Zusammenwirken von System, Mensch und Organisation genau das, was es wirklich braucht. Zusammengefasst: Primäres Ziel ist es, in einem integralen Prozess agile Strukturen zu schaffen. Design entsteht als Resultat aus diesem transformativen Vorgehen. Das Ergebnis kann ein Raum, ein Prozess, eine Kampagne, ein Event, eine Marken-Persona oder auch eine Applikation sein.
Welche konkreten Hebel setzt ihr an, um eure Visionen und die Aufgabenstellungen eurer Klienten umzusetzen?
Es gibt mittlerweile eine unüberschaubare Vielzahl an Methoden und Techniken, die praktiziert werden, um Innovation, Design, Agilität und Transformation hervorzubringen. Der Versuch, eine Methode erklärbar zu machen, lässt uns diese meist etwas technisch und abgrenzbar erscheinen. Unserer Erfahrung nach ist es immer ein individueller Mix von Methoden, die bei geschickter, situativer Kombination die beste Wirkung entfalten. In den ersten Schritten geht es allem voran darum, ein Problem zu verstehen. Aus einer menschenzentrierten Perspektive. Hier setzen »Design Thinking« und »Theory U« an. »Design Thinking« beruht auf multidisziplinären Teams, variablen Räumen und einem Prozess, der sechs Phasen umfasst. Die »Theory U« (von Otto Scharmer in den USA entwickelt) nutzt das tiefe Verstehen der gegenwärtigen Situation sowie die innere Haltung des Menschen, um Lösungen und Innovation im gemeinsamen Prozess zu generieren.
Was müssen wir tun, „to become more human”?
Der erste Schritt liegt ganz in unserer Verantwortung. Für uns lag er darin, genau zu hinterfragen, wie wir Erfolg und Misserfolg in unserem Leben definieren. Dazu gehört es, sich zu trauen, gewohnte Schubladen und Identifikationen loszulassen. Den Dingen, die viel Widerstand in uns erzeugen, zu erlauben, präsent zu sein. Nur wenn sie präsent sein dürfen, können wir sie uns ansehen und verstehen, woher der Widerstand kommt beziehungsweise was diesen auslöst. Allein dadurch bringen wir unsere Arbeit und unser Leben mehr ins Fließen.
Eine weitere Voraussetzung, um »mehr Mensch zu werden« ist zu wissen, was uns wirklich wichtig ist im Leben. Welche Qualitäten wir leben möchten.
Eine Methode, die Vera F. Birkenbihl als Hilfestellung dazu beschrieb, ist besonders in Erinnerung geblieben. Es ist eine Kontemplation, bei der wir uns vorstellen, den Tod in dieser Angelegenheit um Rat zu bitten. In der Vorstellung könnte der Tod in Form eines Vogels auf unseren Schultern sitzen. Diese Metapher ist für die meisten Menschen gut visualisierbar. Stellen wir uns also vor, er fragt uns als Unterstützer:
„Wenn du noch zwei Tage zu leben hättest, was würdest du in diesen zwei Tagen tun? … Wären es noch drei Wochen, wie sähe es dann aus … und wie gestaltest du dein Leben, wären es noch fünf Jahre …“.
Für diese Fragen nehmen wir uns ausreichend Zeit. Alles, was spontan »hochkommt«, wird notiert. Ohne es zu bewerten. Wir versuchen, diese Fragen im Rahmen unserer »inneren Hygiene« zumindest einmal im Jahr zu beantworten.
Nur wenn wir wissen, was uns wirklich wichtig ist, unsere inneren Anliegen kennen, können wir genügend Energie aufbauen, diese Ziele zu erreichen. Wobei Energie hier nicht als Zwang oder banaler Druck zu verstehen ist, es ist eine fast automatische, freudige Ausdauer. Unsere wirklichen Anliegen zu verfolgen, kostet keine Kraft im eigentlichen Sinn, es gibt uns jede Menge kreative Energie. Und das ist für uns „to become more human“!
– becomehuman is a DO TANK –
Wir sehen uns als eine strategisch-konzeptionelle Einheit, die die Kollaboration zwischen projektrelevanten Personenkreisen, Fachbereichen und Unternehmen wertebasiert moderiert und Lösungen strukturiert umsetzt.